Grasse – Die Welthauptstadt des Parfums

Drei berühmte Namen = drei berühmte Nasen

Diese drei Namen sind in aller Munde, wenn es um die Parfumeure von Grasse geht. Doch waren sie alle drei Meisterparfumeure wie der Begriff „Nasen“ im Parfum-Lexikon vermuten lässt?

Wir wollen es wissen…

Die Straße verläuft kurvenreich und steil bergauf. Mehrfamillienhausblöcke und in die Jahre gekommenen Villen wechseln einander ab. Der erste Eindruck dieser berühmten, duftenden Stadt scheint etwas verwahrlost.

Weit oben am Hang entdecken wir das imposante strahlend rote Gebäude der Parfumfabrik Molinard im typischen französischen Stil eines Landhauses.

Molinard

Henri Bénard ist der Firmengründer und die erste „Nase“ des Traditionshauses Molinard. 1849 gegründet, wurden anfangs Duftwässer produziert. Ab 1860 wurden erstmals Soliflors aus Jasmin, Mimose, Rose und Veilchen hergestellt und ab 1891 auch in edlen Barratt-Kristallflacons verkauft. 1921 wurde das berühmte Frauenparfum „Habanita“ ursprünglich zur Beduftung von Zigaretten entwickelt. Diese unverwechselbare Duftkomposition mit Vetiver gilt bis heute als bahnbrechende Errungenschaft in der Welt der Parfumeure. Ein Haus, das verzaubert und uns begeistert in das Reich der Düfte einlädt. Wir folgen dieser Einladung und nutzen auch die Möglichkeit des „Atelier de Tarinologie“ um unseren persönlichen Duft zu kreieren. Gerne kannst du in meinem Blogbeitrag „Das Parfum“ darüber mehr erfahren.

Galimard

Der Gerber Galimard hatte die zündende Idee für das Parfum.

Im Mittelalter waren die Lederprodukte aus Grasse begehrte Handelswaren. Vor allem Handschuhe waren bei gut situierten Menschen sehr beliebt. Der penetrante Geruch von frischgegerbtem Leder ist jedoch gewöhnungsbedürftig. Zu dieser Zeit waren duftende Blütenbäder aus den provenzalischen Gärten von Pflanzen wie Jasmin, Lavendel und Rose sehr beliebt. So tauchte der Gerber Galimard seine Lederhandschuhe erstmals in ein provenzalisches Blütenbad. Das Resultat waren duftende anstelle stinkender Lederhandschuhe und ließen sich fortan viel besser vermarkten. Ein neuer Markt war geboren. 1747 gründete Jean de Galimard diese Parfümerie und gehörte somit zu den ersten französischen Parfumhäusern. Als „Handschuhmacher und Parfümeur“ belieferte er den Hof von Ludwig XV mit duftenden Handschuhen, parfümierten Seifen und Colognes.

Fragonard

Das jüngste Parfumhaus in Grasse ist Fragonard. Es wurde 1926 von Eugène Fuchs eröffnet. Der Name Fragonard ist eine Hommage an den berühmten Maler Jean-Honoré Fragonard, welcher in Grasse geboren ist. Hier bleibt die Frage offen, ob Fragonard selbst auch eine „Nase“ war. Die schöne Parfümeriefabrik aus dem 19. Jahrhundert liegt am Rande der Altstadt.

Altstadt

Von hier aus bummeln wir durch die kleine malerische Altstadt Grasse. Bunte hohe Häuser und enge Gässchen zeichnen das Herz dieser Stadt mit einem Hauch italienischen Flair aus. Pinke Schirme tanzen in den Altstadtgassen und zaubern so dem Besucher ein Lächeln der Verwunderung ins Gesicht. Ob dies ein Schutz gegen die intensive Sonneneinstrahlung ist, wage ich zu bezweifeln. Einen besonderer Pop-Art-Charakter hat es auf alle Fälle. Ich fühle mich wie „Hans Guck in die Luft“ und muss mich regelrecht wegreißen von diesem Anblick. Kleine Läden, Cafés und Restaurants zieren die Gässchen im Herzen der Altstadt von Grasse. Nach so vielen duften Erlebnissen darf es jetzt endlich mal ein Café au Lait mit einem wunderbaren Pain au chocolat sein.

Facit: Wir mögen diese Stadt der Sinne.

Duftgärten der Parfumhauptstadt Grasse

Die Parfums entstehen zuerst in den Pflanzen.

Das besondere Mikroklima in der Umgebung von Grasse bietet das ideale Klima für viele Duftpflanzen. So wachsen im Pays de Grasse viele Aroma-Pflanzen das gesamte Jahr. Neben wunderschönen öffentlichen Gärten gibt es zahlreiche duftende Schmuckstücke in privaten Anlagen. Die Blumenfelder von Chanel, Dior und anderen Labels liegen bewusst unscheinbar im Pays de Grasse. Der Zugang zu diesen ist nicht öffentlich und wird es wohl kaum werden. So wurde 2007 der Parfumgarten des internationalen Parfummuseums eröffnet.

Les Jardins du MIP – Parfumgärten des internationalen Parfummuseums

Dieser wunderschöne Garten liegt im Süden von Grasse in Mouans-Sartoux. Er ist eine Inspiration pur für die „Nase“ und auch allen Nasen dieser Welt. Aroma-Pflanzen sind in Duftgruppen angeordnet so wie auch der Parfümeur sie für seine Duftkreationen verwenden würde. Es ist ein Garten, der unsere Sinne anspricht. Ein wilder Museumsgarten, welcher der Inspiration dient und so auch duftende Pflanzen wachsen lässt, welche in der Herstellung einer Essenz für die industrielle Nutzung viel zu kostspielig wäre. Der fast drei Hektar große Garten präsentiert sich als eine phantastische Duftreise mit bekannten und unbekannten Düften wie Mimose, Osmanthus und Tuberose. Die duftende Augenweide ist auch ein akustisches Erlebnis von Bienensummen bis zum Zikadengesang. Ein Picknick beim Lavendel Feld oder unter schattenspendenden Zypressen bietet dem Besucher auch noch kulinarische Gaumenfreuden und Entspannung pur.

Jardin de la Villa Fort de France, Grasse

In der Avenue Antoine de Saint Exupery befindet sich der wundervolle Garten von Lady Fortescue, einer britischen Schriftstellerin. Etwa 1930 wurde dieses botanische Schmuckstück angelegt und diente Lady Fortescue als Inspiration zu ihrem Bestselleroman „Parfum aus der Provence“. Stufe um Stufe bummeln wir, den in Terassen angelegten Garten, hoch und genießen immer wieder auch die atemberaubende Aussicht ins Pays de Grasse bis hin zum Meer. Das Besondere in diesem Garten ist die Artenvielfalt, welche auch alte duftende Rosensorten beherbergt. Der Garten zeichnet sich auch damit aus, dass er immer schon ohne chemische Substanzen gepflegt wurde und so das natürliche Gleichgewicht herstellt. Die Villa selbst ist umgeben mit einer leuchtend roten Pflanzenwelt und symbolisiert die angebliche Lieblingsfarbe der Schriftstellerin.

Private Duftgärten

Ein besonderer Genuss auf dieser Duftreise in die Provence, ist für mich das Verweilen im privaten Garten von Isabelle im Umland von Grasse. Eine Oase der Ruhe und Sinne. Gekonnt hat Isabelle hier ihren Traum vom Garten verwirklicht. Auf der Terrasse genießen wir einen wundervollen Blick ins Umland von Grasse bis hin zum Meer. Wir wandeln durch den Garten und genießen…

 

Isabelle erzählt von ihrem Garten, dem Umland und lässt uns teilhaben am Leben hier im Pays de Grasse. In Ihrem Garten entdeckte ich eine letzte Blüte der Mairose mit ihrem feinen Duft. Isabelle meint, wir müssen unbedingt im Mai wiederkommen, wenn die Blumenbauern ihre Rosen am frühen Morgen ernten und sofort weiterverarbeiten. Diese Zeit im Jahr riecht für Isabelle nach dem einzigartigen Grasse und ist ein Dufterlebnis, das sie jedem Menschen wünscht, erleben zu dürfen. Voller Enthusiasmus erzählt sie uns mehr über die berühmte Duftrose von Grasse:

Die Parfumrose von Grasse: Centifolia Rose

Wer kennt sie nicht die berühmte Rose von Grasse?

Ihr Duft ist betörend und vergänglich zu gleich. Der beliebte romantische Duftcharakter der Mairose ist rosig, süß und vor allem sehr weich. Sie wirkt ausgleichend und harmonisierend auf unsere Psyche. Im Gegensatz zur „rosa damascena“ kann die „rosa centifolia“ nicht im Wasserdampfdestillationsverfahren gewonnen werden. Dieser Duft ist nur in Absolue-Form erhältlich. Er ist ein begehrter duftender Inhaltstoff in weltberühmten Parfums. Duftkreationen mit der Mairose sind besonders beliebt, jedoch auch sehr kostbar, da die Mairose nur im Pays de Grasse diesen besonderen Duft entwickelt. Für die „Nasen“ ist dies ein wichtiges Kriterium. Absolues aus Anbaugebieten in Afrika wie Marokko kommen für „Nasen“ meist nicht ins Duftkarussell. Es ist kein künstlicher Nachbau möglich und so reservieren sich die Meisterparfumeure das kostbare Absolue bereits vor der Ernte bei den Blumenbauern.

Die Qualität der Mairose ist für ihren Duft besonders wichtig.

Seit der Jahrtausendwende gibt es die Blumenbauern-Vereinigung „Les Fleurs d´éxception du Pays de Grasse“. Das Ziel dieser Blumenbauern ist eine hervorragende Bio-Qualität ihrer Pflanzen herzustellen und dabei die Natur zu respektieren. Es führt kein Weg an „Bio“ vorbei um die berühmte „Parfumrose von Grasse“ in ihrer Identität zu erhalten.

Die Stadt Grasse und das Pays de Grasse ist eine duftende Welt für sich, die sich lohnt zu besuchen.

Dufte Grüße Barbara 🌹